Als Geburtsstunde des Internet wird gerne das Jahr 1969 genannt. Während der Jahre zuvor wurde im Auftrag des Department of Defense, des amerikanischen Verteidigungsministeriums, nach einer Möglichkeit gesucht, mittels eines Kontrollnetzwerks einzelne Städte und Militärbasen miteinander zu verbinden. Die erstrangige Überlegung dabei war, daß eine zentrale Leitstelle im Kriegsfall sicherlich sofort einem gezielten Angriff zum Opfer gefallen und damit in kürzester Zeit das Befehlsnetz lahmgelegt gewesen wäre.
Die Lösung dieses Problems beruht auf einem einfachen Prinzip: Das Computernetz hat keine zentrale Leitstelle, sondern alle beteiligten Rechner haben den gleichen Status und sind untereinander vernetzt. Eine Nachricht wird vom Absender mit der Adresse des Zielcomputers versehen und anschließend von Rechner zu Rechner weitergereicht, bis sie beim Empfänger ankommt. Der tatsächliche Weg, den die Nachricht dabei durch das Netzwerk nimmt, ist unerheblich, nur Sender und Empfänger sind von Bedeutung. Werden aus irgendwelchen Gründen Teile des Netzes zerstört, so bleiben immer noch alternative Wege, über die die beiden Rechner miteinander kommunizieren können.
Abbildung 2.1: Prinzip des Rechnerverbundes
Im Dezember 1969 wurde von der Advanced Research Project Agency (ARPA), einer Abteilung des Department of Defense, ein kleines Netzwerk mit vier Knoten aufgebaut. Es erhielt den Namen ARPANET und gilt als Urmutter des heutigen Internet. In der Anfangszeit war dessen Nutzung auf den militärischen Bereich beschränkt, diese Restriktion wurde jedoch bald fallengelassen. Der Kommunikationsstandard TCP/IP (Transmission Control Protocol/Internet Protocol, siehe Kapitel 2.2), der alle unterschiedlichen Computersysteme gleichermaßen unterstützt, tat sein Übriges zur raschen Ausweitung des ARPANET, das bald den Namen Internet erhielt.
Anfang der 80er Jahre spaltete sich zwar das Milnet (Military Network) organisatorisch ab, dafür kam eine Vielzahl von anderen, bisher unabhängigen Netzwerken (darunter einige Universitätsnetze, UUCP und BITNET) hinzu. Um dem wachsenden Datenverkehr, nunmehr vor allem im wissenschaftlichen Bereich, gerecht zu werden, errichtete zur selben Zeit die National Science Foundation ein sogenanntes Backbone (engl. Rückgrat), das die großen Rechenzentren leistungsfähig miteinander verbindet - anfangs auf die Vereinigten Staaten beschränkt, heute weltweit. Ende 1989 wurde schließlich das ARPANET vom Department of Defense offiziell aufgelöst, seine Prinzipien und Technologien bestehen jedoch als Internet bis heute weiter (vgl. [184], Seite 9).
Auch in diesem Jahrzehnt ist seit der Einführung des WWW (siehe 3) das Wachstum des Internet immer noch ungebrochen und wird es wohl auch im nächsten Jahrtausend bleiben. Über Größe und Umfang existieren schon lange keine verläßlichen Zahlen mehr, aber Schätzungen aus 1995 gaben rund 5 Millionen Rechner und bis zu 50 Millionen Benutzer an. Die Wachstumsrate liegt bei etwa 2 Millionen neuen Nutzern monatlich! Bis zur Jahrtausendwende ist nach Expertenmeinung mit 300 Millionen Anwendern zu rechnen (vgl. [9], Seite 11).
Als einer der wichtigsten Gründe für den Erfolg des Internet wird dessen freiheitliche Struktur angesehen. Es gibt keine zentrale Betreibergesellschaft und keine Verwaltung, das Internet gehört allen und niemandem. Jeder, der über die technischen Möglichkeiten verfügt, kann sein mehr oder weniger umfangreiches lokales Netz über spezielle Verbindungsrechner (Gateways) anschließen und damit selbst zu einem Teil des Internet werden. Damit ist er auch für die Wartung und Verwaltung seines Subnetzes selbst zuständig.
Das Internet ist somit eine mehr oder weniger gut funktionierende Anarchie. Dennoch gibt es einige Organisationen mit freiwilliger Mitgliedschaft, die für eine einigermaßen geordnete Entwicklung des Internet Sorge tragen. Eine davon ist die Internet Society (ISOC). Man trifft sich dort regelmäßig, um Standards zu formulieren und aktuelle bzw. mögliche zukünftige Probleme zu diskutieren (vgl. [140], Seite 18 ff).
Die Kehrseite der Medaille der fehlenden Zensur ist die Zunahme von unerwünschtem Gedankengut wie etwa nationalsozialistischer Propaganda oder Sex-Server. Hier werden in den nächsten Jahren Maßnahmen ergriffen werden müssen, wenngleich deren Effizienz schon heute anzuzweifeln ist.